Dienstag, 21. April 2015
Abitur: Check. Neugewonnene Freiheit: Check. Und nu?
Wie im vorangegangenen Post beschrieben, möchte ich hier gerne auf die Zeit direkt nach meinem Abitur eingehen.

Wie wahrscheinlich gefühlt 99% aller anderen Schulabsolventen, die ihr Abitur in der Tasche hatten, war auch ich immens glücklich und froh, die "lästige" Schulzeit endlich beendet zu haben und in einen neuen Abschnitt meines Lebens treten zu können. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem ich mein Abiturzeugnis überreicht bekommen habe. Es war ein herrlicher Tag im Juli, sonnig, knackig warm, die Aula unserer Schule war voll bis unters Dach mit Eltern und weiteren Angehörigen, die der Verleihung beiwohnen wollten. Die Stimmung in meiner kleinen Gruppe von engsten Freunden aus der Oberstufe war gelöst, wir waren einfach froh, dass es ENDLICH vorbei war. Wir haben sehr viel gelacht an diesem Tag und sehr viel Spaß gehabt. Dieses Gefühl der Freude überwiegt natürlich alles andere, dennoch wurde mir an diesem Tag klar, dass es jetzt ernst werden würde.
Die Zeit in der Schule gibt, wenn auch verhasst bei so ziemlich allen Schülern, einen Rahmen vor. Morgens aufstehen, Schule, nachmittags wieder zurück, an die Hausaufgaben setzen (großzügig verkneife ich mir an dieser Stelle ein Lachen) und danach: Freizeit genießen! Vor allem im letzten Punkt war ich ein absoluter Meister, Stichpunkt falsch gesetzte Prioritäten. Anstatt mal ein Mü mehr zu machen für die Schule, habe ich es immer vorgezogen, lieber etwas anderes zu machen. Rausgehen, zocken, unterwegs sein, irgendwas, Hauptsache nicht zu Hause an den Hausaufgaben hängen. Oder gar lernen. Welch abwegiger Gedankengang!
Inwischen sehne ich mich sehr danach, nochmal für ein oder zwei Jahre in die Oberstufe gehen zu können, weil ich mir damals noch um nichts Sorgen machen musste, von meinen schulischen Leistungen mal abgesehen.
So sehr ich rückblickend inzwischen sagen kann, dass ich eine wirklich schöne Zeit in der Schule gehabt hatte, muss ich dennoch dem Schulsystem einen schweren Vorwurf machen: Niemand hat uns auf das Leben nach dem Abitur vorbereitet. Klar, es wird mal sporadisch ein "Pflichtpraktikum" in der zehnten Klasse eingeschoben, das aber weder Fisch noch Fleisch ist, genauso diese sehr dürftig verteilten Pflichtveranstaltungen, zu denen irgendwelche Ex-Abiturienten kommen und von ihrer Zeit nach dem Abitur reden und wie sie zu dem geworden sind, was sie jetzt sind und so weiter und so fort, blablabla...

Ihr merkt, ich habe an diesen Veranstaltungen zwar teilgenommen, mich aber nie dafür interessiert, weil das Abitur zu dieser Zeit noch in weiter Ferne für mich lag.
Meiner Meinung nach versäumt es das Schulsystem Absolventen jeder Schulart gleichermaßen auf das Leben nach dem Abschluss (egal ob Haupt-, Real-, Gesamtschule oder Gymnasium) vorzubereiten. Erschreckend beklemmend fand ich seinerzeit ein Szenario, das mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist: Ich war damals mit einem Mädchen zusammen, das mich durch die Beziehung charakerlich maßgeblich zu der Person gemacht hat, die ich heute bin. Meinen Eltern war es immer egal, wen ich mit nach Hause gebracht habe und mit wem ich mich umgeben habe, jedoch kam es zu einer Diskussion, als ich Yvonne, besagtes Mädchen, meiner Mutter als meine Freundin vorstellte. Yvonne ging auf die Hauptschule, ich auf's Gymnasium und aus irgendwelchen mir bis heute völlig unerklärlichen Gründen nahm meine Mutter an diesem Umstand Anstoß an. Ich war ob des Verhaltens meiner Mutter schwer erschüttert, weil ich das so von ihr nicht kannte und ich brach daraufhin einen ziemlich üblen Streit mit ihr vom Zaun, in dessen Verlauf ich meiner Mutter an den Kopf knallte, warum ich mich in Yvonne verliebt hatte und warum mir ihre schulische Ausbildung aber auch mal herzlichst egal gewesen war. Ich erinnere mich noch, dass ich das mehr in einem Nebensatz hatte fallen lassen, es aber ein sehr wichtiger Aspekt war: Auch wenn Yvonne "nur" die Hauptschule besucht hatte, hatte sie mir eins voraus: sie wusste ganz genau, was sie nach ihrem Hauptschulabschluss machen wollte und wie sie dieses Ziel erreichen könnte.
Ich hatte mich damals häufig und intensiv mit Yvonne darüber unterhalten, wie sie herausgefunden hatte, dass Physiotherapie genau ihr Ding sein würde. Sie berichtete mir, dass die Lehrer während der Schulzeit immer wieder die "Post-Abschluss-Zeit" angesprochen hatten, mehr als genug Praktika in den verschiedensten Berufszweigen durchgeführt wurden und sie insgesamt auch fünf (in Zahlen: 5!!) mal zur Berufsberatung im Arbeitsamt geschickt worden war.
Ich hatte damals nicht daran geglaubt, dass sie das mit der Physiotherapie wirklich bis zum bitteren Ende durchziehen würde, doch sie hat es wirklich gemacht. Und ist seit etwas mehr als zwei Jahren voll berufstätig, während ich in der Zwischenzeit nicht mal einen Abschluss in irgendwas erreicht habe.

Ja, natürlich, jetzt geht ein Aufschrei durch die Community, genug Leute argumentieren jetzt "es gibt aber auch mehr als genug Abiturienten, die auch ohne so wirklich zu wissen, was sie eigentlich mal werden wollen, was aus sich gemacht haben, also halt die Backen, du Lappen!". Ich bin da vollkommen eurer Meinung, halte aber an meiner Meinung fest.
Wir haben mal kurz vorm Abitur eine Umfrage in der Jahrgangsstufe durchgeführt, die zum Ziel hatte, herauszufinden, wer eigentlich weiß, was er direkt nach dem Abitur machen wollte. Das Ergebnis war ernüchternd und erschreckend zugleich; von satten 125 Schülern wussten ganze 6 (!!), was sie machen wollten. Der Rest hat bei der Umfrage "weiß ich nicht" angekreuzt. Für mich persönlich war diese Umfrage zwar irgendwie beruhigend, da ich jetzt wusste, dass ich nicht der Einzige war, der nicht wusste wohin mit sich, gleichzeitig hätte es aber für den breiten Lehrstuhl mehr als alarmierend sein sollen, dieses Ergebnis zu sehen. Aber da kam dann nichts mehr und schließlich stand das Abitur direkt vor der Tür.

Um die Kurve wieder zurück auf die Zeitspanne nach dem Abschluss zu bekommen: ich hatte als einer von drei Jungs aus meiner Stufe das große Los der Woche gezogen und war noch dazu verpflichtet, den Wehrdienst abzuleisten, dementsprechend war ich lediglich dazu gezwungen, mir einen Platz als Zivildienstleistender zu suchen. Ja, ich habe den Wehrdienst verweigert, weil ich keinen Bock drauf hatte und habe, im Extremfall auf dem Schlachtfeld oder sonstwo aus politisch motivierten Gründen jemanden zu erschießen, der höchstwahrscheinlich genauso wenig Bock dazu hat wie ich.
Doch schon die Suche nach einem geeigneten Platz für den Zivildienst gestaltete sich für mich als schwerer, als eigentlich gedacht. Ich hatte keinen richtigen Anhaltspunkt, wo ich mit meiner Suche anfangen sollte, geschweige denn überhaupt eine tendenzielle Richtung, in der ich mir vorstellen konnte zu arbeiten.
Letztenendes ist es hier auch wieder einmal der Hilfe meiner Eltern zu verdanken, dass ich eine geeingete Stelle gefunden hatte: in den LVR-Kliniken in der Abteilung für schwer erziehbare Jungendliche.

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Aller Anfang ist schwer!
Hallo verehrte Community!
Auch meine Insignifikanz begibt sich auf die Reise durch die unendlichen Weiten des Bloggens, in der Hoffnung, durch mein Geschriebenes dem ein oder anderen ein schönes Lese-Erlebnis zu bescheren.

Es wirft sich nun die Frage auf, warum auch ich mich für's Bloggen entschieden habe; die Antwort fällt kurz und knapp aus: Selbsttherapie.
Ich stehe derzeit an einem Punkt in meinem noch juvenilen Leben, der mich dazu zwingt, ganz von vorne anzufangen. Wenn ich mich in meinem Freundeskreis so umschaue, komme ich nicht umhin zu konstatieren, dass ich schwer hinterher hinke mit dem, was ich bisher erreicht habe. Viele meiner Freunde sitzen grade an ihrer Bachelor-Arbeit, manch ein Überflieger sogar schon an der Master-Arbeit.
Doch was habe ich vorzuweisen? Nichts.

Glaubt mir, verehrte Leser, es hat mich einiges an Überwindung gekostet mir einzugestehen, dass ich gescheitert bin an den Zielen, die ich mir gesteckt hatte und den Wünschen und Träumen, die ich mir so gerne erfüllen wollte. Natürlich habe ich manch ein gestecktes Ziel erreicht, was mich auch bisweilen sehr glücklich gemacht hatte, dennoch waren meine Prioriäten von Anfang an falsch gesetzt.
Ich weiß leider noch immer nicht weshalb, aber aus irgendwelchen abstrusen Gründen wollte ich schon immer ein Leben auf der Überholspur leben. Wer mich kennt, weiß, dass das so ziemlich der größenwahnsinnigste Wunsch war, den ich haben konnte. Wobei "größenwahnsinnig" das falsche Wort ist. "Grenzdebil" trifft den Kern der Sache da schon eher, denn rücklbickend kann ich sagen: ich habe ein bisher wirklich sehr schönes Leben gehabt, ich war immer beliebt, habe eine gute Erziehung genossen, bin nicht grade blöd, nur etwas faul, aber wer ist das nicht. Abitur habe ich ebenfalls gemacht, über den Durchschnitt wollen wir hier aber mal großzügig den Mantel des Schweigens hüllen.
Ich würde mich in meiner Jahrgangsstufe auch eher zu den beliebteren Jungs zählen, hatte immer Kontakt zu anderen Menschen, war sogar früher der Klassenclown. Zugegeben, einen Blumenpott gewinnt man damit zwar nicht, aber wenigstens war ich kein Außenseiter. Durch gezieltes Arschkriechen habe ich es auch geschafft, meinen Kadaver trotz meiner rigorosen Faulheit durch die Oberstufe zu schleppen, durch den ein oder anderen bei Lehrern verdienten Gummipunkt meinen Abiturdurchschnitt aufpolieren können, um das Gymnasium dann mit wehenden Bannern zu verlassen.

Und genau an diesem Punkt möchte ich hier ansetzen: die Zeit direkt nach dem Abitur.

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